Teilnehmendengewinnung aus der Forschungsperspektive

Teil 3: Interview mit Dr. Johannes Bonnes

Wenn es um die Förderung von Menschen mit Grundbildungsbedarf geht, liegt eine besondere Schwierigkeit darin, diese gezielt anzusprechen und für die Teilnahme an Lernangeboten zu motivieren, eine Aufgabe, die auch in den geförderten Projekten von GrundbildungsPFADE eine zentrale Rolle spielt.

Das folgende Interview ist Teil einer Serie, die zeigt, wie die Projekte Netzwege und Berko bei der Teilnehmendengewinnung und Bedarfserschließung für ihre Grundbildungspfade vorgehen. Die Projekte berichten über Vorgehensweisen, Ansprachestrategien, spezifische Zugänge zu ihren Zielgruppen sowie Praktiken für die Bedarfsermittlung, und geben damit praktische Einblicke in sozialraumorientierte, aufsuchende und arbeitsorientierte Ansätze. Im dritten Teil der Serie erfahren wir, wie das Kompetenzzentrum die praktische Arbeit der geförderten Projekte begleitet und unterstützt.


In dem folgenden Interview berichtet Dr. Johannes Bonnes, wie das Kompetenzzentrum die Projekte bei der Zielgruppenansprache und Bedarfserschließung durch Forschung und individuelle Beratung begleitet und unterstützt. Wir erfahren auch, wie es den Austausch zwischen den Projekten fördert, welchen Herausforderungen diese in Forschung und Praxis begegnen und wie gemeinsam Lösungen entstehen.

In welcher Form unterstützt das Kompetenzzentrum die Projekte bei der Teilnehmendengewinnung und Bedarfserschließung?

Das Kompetenzzentrum stellt den Projekten wissenschaftlich gesichertes Wissen rund um die Themen Teilnehmendengewinnung und Bedarfserschließung bereit. Damit können die vielfältigen Praxiserfahrungen der Projekte ergänzt werden und neue Mitarbeitende, die bisher wenig mit den Themen zu tun hatten, auf einen Wissensstand gebracht werden. Neben individuellen Beratungen einzelner Projekte bieten wir dafür auch Workshops an, in denen neben einem Überblick zu grundlegenden Methoden vor allem der Wissensaustausch der Projekte im Vordergrund steht. So können die Projekte voneinander profitieren und Herausforderungen in der Projektarbeit gemeinsam angehen.

Welche Daten werden in den Forschungen erhoben und ausgewertet und wie werden diese genutzt?

Wir verfolgen zwei Schwerpunkte: Zum einen analysieren wir bestehende Datensätze wie bspw. PIAAC dahingehend, welche Kompetenzen und daraus ableitbare Bedarfe bei den Zielgruppen der zehn Projekte bestehen. Zum anderen erheben wir in den Bereichen, in denen es bisher noch nicht genügend wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die aber für die Projekte wichtig sind, selbst Daten. Im November starten wir bspw. eine Teilnehmendenbefragung in neun Bundesländern, um herauszufinden, was dazu beitragen kann, dass Menschen mit Grundbildungsbedarf gut von einem Grundbildungsangebot zum darauf aufbauenden Angebot gelangen. Zudem schauen wir uns auch die Projekte und ihre Netzwerkstrukturen an, um die Frage zu beantworten, wie Grundbildungsnetzwerke erfolgreich arbeiten und letztlich auch in anderen Regionen aufgebaut werden können.

Die zehn Projekte unterscheiden sich hinsichtlich ihrer konzeptionellen Ansätze zu den Pfaden, Adressat:innen und Rahmenbedingungen voneinander. Wie gehen Sie in den Forschungsworkshops mit diesen Unterschieden um?

Durch die Rückmeldungen unserer Verbundpartner und unsere eigenen Kontakte zu den Projekten haben wir einen guten Überblick zu ihrem aktuellen Entwicklungsstand und den Herausforderungen, die die Projektarbeit mit sich bringt. Damit können wir passgenau einschätzen, welche Unterstützung diese jeweils benötigen. Der wichtigste Baustein ist aber die aktive Mitgestaltung der Workshops durch die Projekte. In speziellen Arbeitsphasen diskutieren verschiedene Projekte ihre jeweiligen Herausforderungen mit ihren Kolleg:innen und profitieren von ihren Erfahrungen. Dabei lohnt sich immer wieder der Blick über den Tellerrand des eigenen Projekts, sodass durch die Ideen der unterschiedlichen Projekte immer wieder Lösungen entstehen. Die Vielfalt der Projekte ist dabei eher ein Vorteil als ein Nachteil.

Die Workshops bieten den Projekten auch die Gelegenheit, ihre (Forschungs-)Aktivitäten gemeinsam mit den übrigen Teilnehmenden, zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Gibt es besondere Unterstützungsbedarfe oder wiederkehrende Themen?

Oft kommt das Problem auf, dass bestimmte Zielgruppen mit Grundbildungsbedarf schwer zu erreichen sind. Hier profitieren die Projekte am meisten von den Erfahrungen ihrer Kolleg:innen, indem gemeinsam Ideen gesammelt, auf ihre Praxistauglichkeit abgeklopft und dann vielleicht auch wieder direkt verworfen werden. Aber bisher hat sich im Austausch immer eine gute Lösung gefunden.

Eine fundierte Wissensbasis ist eine wichtige Voraussetzung, damit Grundbildungspfade gelingen und in den Kommunen nachhaltig verankert werden können. Was kann Forschung leisten? Wo kommt sie an ihre Grenzen, wenn es um die Ansprache und Gewinnung sowie um die Entwicklung bedarfsgerechter Angebote geht?

Wissenschaftliches Wissen bildet eine wichtige Säule, um Anschlussfähigkeit und bedarfsorientierte Gestaltung von Grundbildungsangeboten zu ermöglichen. Grenzen entstehen einerseits dort, wo noch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen oder dort, wo sie nicht praxistauglich kommuniziert werden können. Daher ist es auch eines der wichtigsten Ziele des Kompetenzzentrums, die Wirkungslogiken der zehn verschiedenen Projekte zu ihren Grundbildungspfaden für weitere Regionen Deutschlands nutzbar zu machen. Dabei ist immer wieder die Einbindung von Politik und Praxis wichtig, um den Transfer der Erkenntnisse bedarfsgerecht gestalten zu können.

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